Rundbrief der Zentrums–Betriebsräte

Der Dokumantarfilm »Der Vertrauensmann« hat eingeschlagen wie eine Bombe: Mehr als 100.000 Zuschauer haben den Film bislang gesehen, in vielen Werkshallen wird in den Pausen über nichts anderes mehr gesprochen.

Die alternative Gewerkschaft Zentrum veröffentlicht hier eine Mitteilung der Zentrums-Betriebsräte zum Film. Der Rundbrief wurde bereits an zahlreiche Mitglieder verteilt, wir stellen ihn hier für die Öffentlichkeit und die Presse online.

 

Bellen getroffene Hunde? 

Aufgrund der Reportage „Der Vertrauensmann“, eine Produktion der Gewerkschaft
Zentrum, sahen sich die Macher des gelben IGM-Blättles zu einer umfangreichen Stellungnahme verpflichtet. 

Diese haben auch allen Grund dazu, denn leider spielen einige Akteure dieser Gruppierung eine nicht unwichtige, dafür aber umso unrühmlichere Rolle, bei der am Ende zwei schwerbehinderte Kollegen, einer davon jahrzehntelanges Mitglied der IGM, (nicht wie fälschlicherweise behauptet, Zentrum-Mitglieder) ihren Arbeitsplatz von heute auf morgen verloren haben. 

Um vom eigentlichen Thema abzulenken – Racheakt eines Kollegen an zwei anderen Kollegen – fällt den Akteuren besagten Flugblattes wie üblich nichts Besseres ein, als über die „böse“ rechte/Nazi-Schiene zu kommen. 

Solltet Ihr das Video nicht gesehen haben, schaut es bitte an, damit Ihr euch euer eigenes Bild der Ereignisse machen könnt (Hier zum Film auf Youtube).

Um was geht es? 

In diesem Film geht es um zwei schwerbehinderte Kollegen, die aufgrund ihrer Erkrankung einen neuen Arbeitsplatz erhalten haben und dort auf einen IGM- Vertrauensmann mit türkischem Migrationshintergrund stießen. Aus anfänglichen Schwierigkeiten heraus, entwickelte sich im Laufe von einigen Monaten ein freundschaftlich kollegiales Verhältnis, so dass es dann auch zum Austausch der privaten Handynummern kam.

In Folge wurden private Telefonate geführt, aber auch WhatsApp-Nachrichten, Bilder und Filme von allen drei Kollegen gegenseitig hin und her geschickt. Darunter waren auch die in eingangs genannter Publikation aufgeführten Bilder. Diese wurde mehrfach und unmissverständlich vom angeblich damit beleidigten Kollegen gewollt bzw. angefordert und mit lachenden Emojis oder Danksagungen in Textform quittiert. Nichts deutete darauf hin, dass dies nicht erwünscht gewesen sein sollte. Ein Großteil der versandten Bilder/Filme sind abzulehnen, um es klar zu sagen, aber letztlich haben die drei Beteiligten diese Dateien als lustig empfunden, was wiederum auf eine unreflektierte Oberflächlichkeit aller Beteiligten hindeutet. 

Das änderte sich erst, als die zwei gekündigten Kollegen von ihrem Teamleiter angesprochen wurden, warum ihre Schicht mit Drei-Mann-Belegung 700 Teile weniger produziere als die andere Schicht. Im sicheren Bewusstsein, dass der Teamleiter den Grund dafür kennt, wiesen sie ihn darauf hin, dass ihr dritter Mann wegen seiner Tätigkeit als IGM-Vertrauensmann und wegen seines florierenden Handels, den er im Betrieb nebenher durchführe, oft nicht am Arbeitsplatz wäre. 

Tags darauf kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung, in welcher der IGM-Vertrauensmann den beiden Kollegen gedroht haben soll, er werde dafür sorgen, dass diese den Betrieb verlassen müssten.

Erst jetzt meldete sich der Kollege bei seinem IGM-BR, zeigte diesem ausgewählte Bilder und Filme und erklärte, er würde damit seit Monaten beleidigt und diskriminiert. Die Maschinerie begann zu laufen. 

Dies alles ereignete sich Ende März 2018, nach einer Betriebsratswahl, die vielen als schockierend in Erinnerung geblieben sein dürfte.  

Allein der Umstand lässt die später folgenden Erklärungen des IGM-VM und BR Kandidaten als unglaubwürdig erscheinen. Das Thema Diskriminierung, Hetze, Fremdenfeindlichkeit war omnipräsent und speziell die Akteure der IGM aus Mettingen waren federführend daran beteiligt. 

Aber unabhängig davon ergeben sich für eine unvoreingenommene Betrachtung faktisch zwei Möglichkeiten, wie es sich abgespielt haben könnte – und eben nicht nur eine. 

1. Der Kollege wurde tatsächlich mittels Bilder und Filme über WhatsApp beleidigt und diskriminiert und hat sich dagegen nicht zu wehren getraut. 

oder 

2. Der Kollege nutzt Nachrichten, die im Glaube gegenseitigem Einvernehmens von allen dreien hin und her geschickt wurden, missbraucht seine Herkunft und seine Religion, um den Kollegen Diskriminierung, Hetze und Fremdenfeindlichkeit zu unterstellen. 

Beides ist möglich, beides geschieht und jeder der nicht selbst beteiligt war, muss am Ende versuchen, sich über Indizien einer möglichen Wahrheit sich zu nähern. 

Bei objektiver Betrachtung aller Umstände, unter Einbeziehung des gesunden Menschenverstandes gepaart mit einer jahrzehntelangen betrieblichen Erfahrung im Umgang von Kollegen mit unterschiedlichsten Kulturen, Religionen und Ethnien, speziell in Produktionsbereichen untereinander, halten wir die Geschichte der beiden Kollegen für glaubhaft, zumindest aber für sehr wahrscheinlich. Hunderte Rückmeldungen von Kollegen im Betrieb nach Veröffentlichung des Filmes bestätigen unsere Sicht auf die Dinge.

Letztlich müssen also Indizien beurteilt werden, wenn Beweise fehlen. 

Das Arbeitsgericht Stuttgart

So sieht es auch das Arbeitsgericht Stuttgart in seiner noch nicht rechtskräftigen Urteilsbegründung: 

Bei der entsprechenden Überzeugungsbildung für die Frage der Wahrheit einer entsprechenden Tatsache ist zu beachten, dass es dafür keine absolute oder unumstößliche Gewissheit in Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit bedarf, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. 

Auf deutsch – genaues weiß man nicht. 

Doch leider kommt das Arbeitsgericht absolut unverständlich zu der Auffassung, dass die Geschichte des „diskriminierten“ Kollegen glaubhaft wäre und rechtfertigt dies mit einer unglaublichen Begründung die hier wörtlich wiedergegeben werden soll: 

Die Aussage des Zeugen ……… ist glaubhaft. Der Zeuge schildert zu Beginn seiner Vernehmung emotional, dass er ein derartiges Geschehen bisher noch nicht erlebt habe und er eigentlich versuche, die Sache nunmehr zu vergessen. Der Zeuge war sichtlich bewegt…Dies war nach Ansicht der Kammer nicht vorgespielt und belegt die belastende Situation für den Zeugen durch „Wiederaufrollen“ der Geschehnisse, was auch für ein tatsächliches erleben spricht. (Hervorhebungen durch den Verfasser), 

Emotionales Auftreten als Indiz für Glaubwürdigkeit. Gefühle statt Fakten. 

Im Zweifel für den Angeklagten – Unschuldsvermutung – Verhältnismäßigkeit- das alles spielte für die Richter offensichtlich keine Rolle. Sowohl für das Gericht, als auch für den Arbeitgeber und die beteiligten IGM- Betriebsräte stand die Schuld der beiden Gekündigten von Anfang an fest. 

Von daher hoffen wir, dass das anstehende Widerspruchsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht dieses skandalöse Urteil kippt und Gerechtigkeit hergestellt wird. 

Denn wir kamen zu der Überzeugung, dass den beiden gekündigten Kollegen Übles widerfahren ist. Ihre Geschichte hat uns überzeugt. Von daher verdienen sie die Unterstützung, die jeder verdient hat, welcher sich falschen Unterstellungen gegenüber konfrontiert sieht. 

Was spricht für eine gezielte Racheaktion 

Aus etlichen Indizien, die uns die Gewissheit geben nur eine kleine Auswahl:

1. Der Kollege IGM-VM gibt an, über Monate verbal und per WhatsApp beleidigt worden zu sein. 

Dazu muss man wissen, dass die beiden gekündigten Kollegen relativ neu in diesen Bereich verliehen waren und zuvor nie miteinander etwas zu tun hatten.  Daraus ergeben sich einige Fragen, die jeder einmal für sich durchdenken sollte: 

  • Wieso hat er den beiden Kollegen seine private Handynummer gegeben, wenn diese ihn doch laut seinen Aussagen von Anfang an als Türken beleidigt und abgelehnt haben sollen?
  • Wieso hat er sich z.B. für ein Bild, welches einen Schneemann mit offensichtlichen Hitlergruß zeigt, bedankt?
  • Wieso hat er selbst Bilder versandt bzw. Pornos, in denen Frauen in frauenverachtender Art und Weise, dargestellt als reines Lustobjekt und dem Mann unterworfenes Objekt dargestellt werden? Und das als angeblich gläubiger Moslem!
  • Wieso hat er nie geschrieben, dass er solche Dateien nicht haben möchte? Wieso hat er sich nach Erhalt bedankt und oft mit lachenden Emojis kommentiert?
  • Wieso hat er nicht die Nummer der Beiden gesperrt? Auf diese Frage eines der beiden Anwälte erwiderte er, er habe das nicht gewusst, dass man das tun könne.
  • Wieso hat er eine unmittelbar beteiligte Kollegin Mitte Mai 2018 bedroht, weil sich diese als Zeugin für die beschuldigten Kollegen zur Verfügung gestellt hat? Infolge der Bedrohung ist die Kollegin krankheitsbedingt mehrere Wochen ausgefallen. Das Attest des Arztes, mit Benennung des Umstandes der Bedrohung durch einen türkischen Kollegen, liegt vor.
  • Wieso hat er nicht ein Mobbingtagebuch geführt, wie es laut Verhaltensrichtlinie angeraten wird und jedem der sich mit dem Thema Mobbing beschäftigt bekannt ist?
  • Wieso hat er den Kollegen nicht unter Zeugen gesagt, dass er sich beleidigt fühlt und diese aufgefordert, ihr Verhalten zu ändern?
  • Wieso wurde dem Vorwurf, der Kollege betreibe einen regen Handel bzw. wäre oft nicht am Arbeitsplatz, nicht konsequent und vor allem transparent nachgegangen?

2. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat nach umfangreichen Ermittlungen und Befragungen das Verfahren eingestellt.

Damit bestätigt die Staatsanwaltschaft Stuttgart, dass es sich um einen privaten Austausch von Bildern gedreht hat, unter gegenseitigem Einverständnis. Damit ist belegt, dass die Kollegen zu Unrecht der Beleidigung und Diskriminierung beschuldigt und auf dieser Grundlage letztlich gekündigt wurden.
Das sind nur einige Punkte von vielen, die erheblichen Zweifel an der angeblichen Beleidigungsgeschichte aufkommen lassen.

Anstatt Fehler seitens Firmenvertreter und IGM-Betriebsräte einzugestehen, werden Nebelkerzen gezündet.

Die nun erfolgten und durchschaubaren Stellungnahmen beteiligter Akteure, die versuchen diese Fakten zu vertuschen und anstelle dessen alleinig auf emotionale Empörung bzgl. der versandten Dateien setzen, lässt erkennen, dass es diesen nicht um Gerechtigkeit, geschweige denn um Wahrheit geht.

So ist der Vorwurf, wir würden Rassisten helfen eine traurige aber leider viel zu oft unberechtigterweise eingesetzte Methode, um jemanden zu diskreditieren. 

Das ist der Punkt: Wir helfen Menschen. Menschen mit all ihren Vorzügen und Schwächen. 

  • Jeder Mensch hat es verdient, dass erst einmal die Unschuldsvermutung gilt und keine Vorverurteilung stattfindet.
  • Jeder Mensch hat es verdient, dass er bei bewusstem oder unbewusstem Fehlverhalten darauf aufmerksam gemacht wird, um sein Verhalten ggf. ändern zu können oder Missverständnisse auszuräumen.

Gundsätzlich: Wir wollen in keiner Welt leben, in der Anschwärzen und Denunzieren Alltag wird.

Wir setzen uns selbstverständlich gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit ein. Aber dieser Themenkomplex kann und wird auch eingesetzt, um anderen Kollegen Schaden zuzufügen. Es gibt leider auch Menschen, die ihre Herkunft, ihre Religion, ihre Kultur, ihr Geschlecht oder ihre sexuelle Neigung einsetzen, zu Lasten anderer. Dagegen erheben wir genauso die Stimme wie gegen tatsächliche Diskriminierung, gelebten Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Der Film »Der Vertrauensmann« dokumentiert dies auf erdrückende Art und Weise.

Wir wollen eine solidarische Kollegenschaft, die sich weder mobbt noch anschwärzt. Das wollen offensichtlich nicht alle. 

Diese Kreise sind mit Macht ausgestattet, die sie auch gegen Kollegen einsetzen. Die wechselseitigen Verstrickungen von Co-Management haben viel Gesichter. Ganz aktuell nachzulesen in aktuellen Presseberichten zu den Fällen von Herrn Hück bei Porsche und Herrn Osterloh bei VW, als exemplarische Beispiele von Auswirkungen des Co – Managements(hier zur Quelle in der Wirtschaftswoche vom 18. Juli 2019).

Ganz zu Recht schreibt dort Volker Rieble, Professor für Arbeitsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München: „Nach dem Fall Volkerts einfach so weiter zu machen erscheint mir wie organisierte Kriminalität.“

Zur Erinnerung, Volkerts war der VW-Betriebsratsbestechungsskandal mit Managementgehältern, gepaart mit Lustreisen nach Brasilien.

Ausgestattet mit Machtbefugnissen, bildet sich an vielen Stellen ein sich verselbständigendes Eigenleben von prädestinierten IGM-Funktionären im Betrieb, infolge dessen viele Kollegen schlicht und ergreifend Angst vor Schikane, Benachteiligung, Ausgrenzung, Kündigung haben. Und aus unserer jahrelang gespeisten Erfahrung völlig zu Recht.

In diesem Klima arbeiten Menschen und dies wird konsequent von Firmenseite ignoriert.

All das muss man wissen, um die Vorkommnisse um die Kündigung der beiden Kollegen einordnen zu können. Und dass dies kein Einzelfall ist, belegen zig Rückmeldungen, verstärkt jetzt nach Veröffentlichung des Filmes der beiden gekündigten Kollegen. 

Exemplarisch wird hier ein anonymer Brief abgedruckt, der uns vor ein paar Tagen erreicht hat: Den Namen des genannten Betriebsrats haben wir geschwärzt, da es uns um die strukturelle Problematik geht und nicht darum, beteiligte Personen an den öffentlichen Pranger zu stellen. 

Wir sind als Zentrum-Betriebsräte unter anderem auch deswegen angetreten, um Fälle die unbequem sind, zur Gerechtigkeit zu verhelfen, selbst mit dem Risiko, in Geiselhaft genommen zu werden. 

Vor uns braucht sich niemand zu fürchten, außer diejenigen, die Dreck am Stecken haben. 

Davon gibt es viele und darum gibt es uns! Denen halten wir den Spiegel vor und entlarven ihre Machenschaften. 

Als nächsten Schritt werden wir nach der Sommerpause eine Initiative der beiden Kollegen unterstützen. Diese haben vor, sich im Rahmen einer Podiumsdiskussion den Fragen interessierter Kollegen zu stellen. Vertreter des Unternehmens und der IGM sind dazu aufgefordert, sich daran zu beteiligen.

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Transparenz und Opposition gegenVetternwirtschaft, Co-Management und Korruption. 

1 Kommentar

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  • Der neue Schwede bei Daimler sitzt im Boot der IGM oder ist sogar von deren Wohlwollen abhängig, das zeigt seine Voreingenommene Stellungnahme.

    Warum gab es hier keine Abmahnung? Alles völlig unverhältnismäßig. Warum ohne SB Vertretung oder Integrationsfachdienst?

    Es muss jedem AN klar werden, daß die IGM nur für sich selbst und nicht für den AN arbeitet.
    Unsolidarischer und perfider als in dem Fall geht es kaum.

    Bleibt dran … einer aus einer anderen Branche

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